MUSIKTHERAPIE FÜR NEUGEBORENE


Musiktherapie auf der Früh- und Neugeborenenstation                       

Neues Angebot von UKE und Haus Mignon

Benötigt ein Neugeborenes nach der Geburt eine medizinische Behandlung, so kann das eine Vielzahl von Gründen haben - eine zu frühe Geburt, Krankheit, operationsbedürftige Fehlbildungen, Komplikationen beim Geburtsvorgang, Unterversorgung während der Schwangerschaft etc. Aber eines haben diese Fälle alle gemein: Während der Schwangerschaft oder der Geburt hat das Schicksal eine Wendung genommen, die so nicht von den Eltern vorhergesehen werden konnte und die sie vor besondere Herausforderungen stellt. Plötzlich sind sie mit Schwierigkeiten und Problemen existenzieller Bedeutsamkeit konfrontiert, erleben Höhen und Tiefen und werden von einer Flut ganz unterschiedlicher Gefühle überschwemmt. Diese reichen von Schock, Angst, Verzweiflung, Trauer, Depression, Hoffen, Liebe bis hin zu Schuldgefühlen, Komplexen, Ablehnung oder auch Wut auf das Kind, das soviel Sorgen bereitet.

 

Um den Familien in diesem Gefühlschaos beizustehen, bietet das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) seit diesem Sommer in Kooperation mit dem Haus Mignon Musiktherapie für Eltern und Kind auf der Neugeborenenstation an. Haus Mignon, Institut für ambulante Heilpädagogik, Pädagogik und Frühförderung, fördert seit rund 40 Jahren behinderte, kranke und entwicklungsgestörte Kinder in Hamburg, wobei in allen Fachbereichen Musiktherapie eine zentrale Rolle spielt.

Im UKE werden die kleinen Patienten von einem hochqualifizierten Personal mit Hilfe modernster Technik optimal versorgt. Über Schläuche erhalten sie Nahrung und Medikamente und alle wichtigen Körperfunktionen werden über Sonden permanent überwacht. Damit haben sich heute die Überlebenschancen auch sehr kleiner und schwacher Kinder drastisch erhöht.


Aber allen Beteiligten ist heutzutage klar, dass so ein kleines Menschenkind mehr braucht, als die rein medizinische Versorgung. So liegt ein Schwerpunkt im UKE auf der Förderung des sogenannten Bondings, d. h. dem Bindungsaufbau zwischen den Eltern und dem Kind. Dem dient insbesondere das „Känguruhen“. Dabei liegt das Neugeborene warm eingemummelt auf dem Bauch eines Elternteils, damit sich beide spüren und den Geruch, Herzschlag und andere Lebensäußerungen des anderen wahrnehmen können.

 

Das gemeinsame Erleben von Musik in Form von Klang, Takt, Rhythmus, Dynamik und Melodie kann den Eltern zusätzliche Wege aufzeigen, um mit dem Kind in intensiven Kontakt zu kommen. „Die moderne Gesundheitswissenschaft Musiktherapie knüpft an Jahrtausende alte Erfahrungen der Menschheit mit Musik an“, erläutert Maya Schneider, Musiktherapeutin von Haus Mignon. „Musik ist Urausdrucksform, die wir schon im Mutterleib mit dem Herzschlag der Mutter erfahren. Wir tragen diese musikalische Verbindung alle in uns. Sie kann helfen, Gefühle und Bedürfnisse auch ohne Worte auszudrücken. Die therapeutisch genutzten Möglichkeiten des musikalischen Ausdrucks stärken sowohl das Kind, als auch die Eltern innerlich.“

 

Bei den Neugeborenen findet die Methode der auditiven Stimulation Anwendung. Sie unterstützt die Kleinen dabei, sich selbst und die Umgebung wahrzunehmen, sich geborgen zu fühlen und zu stabilisieren. Die Therapeuten ermutigen die Eltern, insbesondere die Mutter, dem Kind etwas vorzusingen oder vorlesen, und nehmen sie dabei auf. Wenn sie nicht bei dem Kind ist, werden ihm diese Aufnahmen über kleine Lautsprecher vorgespielt, sodass es auch dann die vertraute Stimme der Mutter hört und sich in ihrer Nähe wähnt. Den Eltern gibt diese Therapiemethode wiederum die Gewissheit, ihrem Kind etwas Gutes zu tun, selbst wenn sie nicht bei ihm sein können. Das hilft u. a. Schuldgefühle abzubauen und spendet Kraft und Zuversicht. „Die Musiktherapie auf der Neugeborenenstation versteht sich als Verbindungsstück zwischen Eltern und Kind“, meint Maya Scheider. „Wir möchten die Eltern anregen, sich trotz aller erschwerten Umstände intensiv mit dem Neugeborenen zu beschäftigen und ein gutes Bindungsmuster aufzubauen mit dem Ziel, beide Seiten zu stärken und Ängste zu reduzieren.“

 

Das neue Angebot besteht für alle Patienten der Neugeborenenstation. Gemeinsam mit dem Team der Station werden insbesondere die Familien angesprochen, bei denen eine Musiktherapie für die Bindung und Entwicklungsförderung am notwendigsten erscheint. Bei Bedarf können die Kinder auch nach Entlassung aus dem Krankenhaus durch das Haus Mignon im Rahmen der Interdisziplinären Frühförderung mit vielfältigen, individuell abgestimmten Therapien weiter betreut werden. 

 

Vorerst wird die neue Musiktherapie im UKE ausschließlich durch Spenden finanziert, von denen Therapiematerialien und Instrumente, Tontechnik und die Therapeuten bezahlt werden. Es ist geplant, den Therapieerfolg mit wissenschaftlichen Methoden zu erfassen und auszuwerten. Interessenten, die das Projekt unterstützen möchten, können sich an die Benita Quadflieg Stiftung wenden (Tel. 040 / 40 43 27 14 74, IBAN DE87 4306 0967 2031 6045 00, www.benita-quadflieg-stiftung.de). Für alle Fachfragen zur Musiktherapie steht Maya Schneider vom Haus Mignon zur Verfügung (Tel. 040 / 82 27 42-10, schneider@haus-mignon.de, www.haus-mignon.de).